
Peter Michalski erhebt die Throw-Ups zur Königsdisziplin innerhalb des Writing und sieht in dieser minimalistischen Praxis das "Paradebeispiel für das frei und unabhängige denkende und ausführende Individuum in der Kunst". Er vergleicht ihre Kraft mit Malewitschs schwarzem Quadrat auf weißem Grund. Aber nicht nur kunsttheoretisch, sondern auch politisch wird hier Stellung bezogen. So geben nach Meinung von Winkler & Mccormick Graffiti und Verbrechen derzeit ein gutes Paar ab. Ihnen "gefällt der Einfluss den sie aufeinander ausüben". Wenn es um Kunst geht, "sind unsinnige Gesetzte dazu da, gebrochen zu werden". Denn Graffiti rebelliert gegen ein "totalitäres System von Privateigentum" und "selbstreferentiellen Kulturkonformismus". Das ist kein Verbrechen, sondern moralische Pflicht.

Ziviler Ungehorsam zeigt sich aber immer erst in der Retrospektive als ethische Notwendigkeit: "Nicht zum ersten Mal könnte das, was gestern noch verboten, verfolgt und diffamiert wurde, in der Nachbetrachtung als hellsichtig, mutig und fortschrittlich gefeiert werden". Die unendlichen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft zu haben, wäre laut Autor und Initiator Robert Kaltenhäuser, dann das größte Verbrechen. Hier gibt's nix zu meckern. Das Layout von Sarah Pflüger ist die Sahnehaube; es ergänzt sich optimal mit Text und Bild. Dazu gibt es eine 60 Minuten Videodokumentation. Preis-leistungstechnisch also kaum zu toppen.

Stylefile/Publikat Verlag, 145 Seiten & DVD, € 29.90, deutsch/englisch
www.publikat.de
Bianca Ludewig - in Backspin #91 - 2008